Unsere Demeter Imkerei. Was ist wesensgemäße Bienenhaltung?

2. Feb 2020 | Bienen Tagebuch

Artgerecht / Bienengerecht und/oder wesensgemäße Bienenhaltung

Eines vorab.
Es geht nicht speziell um die Demeter Imkerei sondern den Gedanken der dahinter steht..
Und ,man muss sich nicht zwingend nach Demeter zertifizieren lassen, um wesensgemäß zu imkern.

Vielmehr möchte ich mit dieser Zusammenschrift die Gedanken der artgerechten oder wesensgemäßen Imkerei nach Demeter zusammenfassen, aus meiner Sicht reflektieren und jeden selbst entscheiden lassen, welche Aspekte für ihn, je nach Wissensstand, Lebensphase und persönlicher Reflektion selbst umsetzbar sind.

 

Bienen, das letzte echte Abenteuer?

„Die Begegnung mit Bienen sei eines der letzten echten Abenteuer“, meint Günter Friedmann, Demeter Imker seit über 30 Jahren.
Und genau das habe ich in meiner bisherigen Imkerpraxis auch erlebt und war Anstoß, nach den Demeter Richtlinien zu imkern.

Mein Tag war von 12-14 Stunden Arbeitstagen geprägt. Die Imkerei hat mich achtsamer werden lassen. Mir gegenüber und den Bienen und der Natur gegenüber. Die sozialen Bienen hefen mir, immer ein Stück mehr, die Natur und den Umgang mit ihr zu achten und mich dadurch einen besseren Mensch werden zu lassen.

Meine Beobachtungen bisher.
Viele Imker arbeiten nach definierten Abläufen und dem Kalender, ohne die Bienen und Ihre Empfindungen und Verhaltensweisen wahr zu nehmen.
Was mir nach langen Recherchen, Bücher lesen, Internetrecherchen und Gesprächen am Ende gut gefallen hat, waren die Grundsätze der Demeter Imkerei.
Das Bienenvolk wird in allen seinen Teilen als Einheit respektiert.

Oft werde ich gefragt, was unsere wesensgemäße Imkerei auszeichnet.
Auch in Imkerkursen wird viel durcheinander geworfen und die einzelnen Begriffe sind vielen unklar. Es fallen Begriffe wie Baumhöhle, Einraumbeuten, Schiffertree, Schwarm, Absperrgitter und am Ende die „wesensgemäße Bienenhaltung“ oder „artgerechte Bienenhaltung“.

Eines hat sich aus meiner Sicht durch viele Gespräche mit Imkern, Buchautoren, Professoren und gewerblichen Imkern heraus gestellt. Je natürlicher man die Bienen hält und sich an ihrem ursprünglichen Leben orientiert, desto weniger Honig wird man entnehmen.

Aber gewinne ich nicht mehr, wenn ich mehr über mich lerne?
Und so entsteht jedes Jahr ein Glücksgefühl, wenn mir die Bienen doch noch ein kleines Geschenk  machen – ein Glas Honig -. Sie danken mir für die Arbeit und lasse uns dadurch mehr und mehr zusammen wachsen.

 

Honigernte vs. Bienenwohl

Je natürlicher die Behausungsformen z. B. Baumhöhle und die Standorte sind, z. B. in 5 Meter Höhe im Baum, desto schwerer wird das Handling für den Imker und ist somit für eine „Massenproduktion“ ungeeignet.
Je mehr man den Organismus Bien beschränkt, einengt etc., desto weniger Honig wird und darf man entnehmen.

Unsere Bienen überwintern auf ihrem eigenen Honig, was unsere Bienen weniger anfällig für Krankheiten macht.
Und auch die Königin kann sich durch das fehlende Absperrgitter frei bewegen, so dass im Honigraum auch mal Bienen schlüpfen. Diese Waben schleudern wir natürlich nicht und somit entfällt auch dieser Honig zur Ernte.
Unsere Bienen bauen Ihre Mittelwände selbst, so gibt es keine Schadstoffe im Wachs, die sich auf den Honig übertragen. Das dauert natürlich etwas und reduziert somit auch die Honigernte.

Und so liegt es nun an Ihnen, welche Puzzelteile Sie in Ihre eigene Arbeit einfließen lassen wollen…

Denn jedes Jahr wird jeder einzelne Bienenstock mit Ihnen ein eigenes unendliches neues Puzzel bauen und sie werden gemeinsam ein kleines Abenteuer durchleben…

 

Was ist nun wesensgemäße Bienenhaltung?

Die wesensgemäße Bienenhaltung basiert auf den anthroposophischen Lehren Rudolf Steiners und einigen Vorstellungen von Ferdinand Gerstung.

Zentral sind die natürlichen Bedürfnisse des Bienenvolkes, des Bien, welcher mit seinen Waben einen zusammenhängenden Organismus darstellt und ein großes Ganzes repräsentiert. Das Wesen des Biens steht im Mittelpunkt.

Wesensgemäße Bienenhaltung ist keine definierte Betriebsweise sondern sind Leitlinien, die in der Demeter Imkerei Niederschlag finden..

 

Als „nicht wesensgemäß“ wird angesehen:

  • Wanderungen zu Trachtgebieten
  • Einseitige Ernährung bei Massentracht
  • Ablegerbildung
  • Schwarmverhinderung
  • Königinnenzucht durch umlarven
  • Künstliche Besamung
  • Zuchtauslese

 

Die wesentlichen wesensgemäßen Aspekte nun im Detail…

Die Basis bilden die grundlegenden Regeln der ökologischen Landwirtschaft die DE ÖKO 006 nach der wir auch zertifiziert sind. Unsere Beuten sind aus Naturholz und werden außen nur mit Naturfarben gestrichen, die aus reinen natürlichen Stoffen bestehen und die frei von chem. synthetischen Inhaltsstoffen und Pestiziden sind.

Die drei wesentlichen Bestandteile sind demnach …

  • der natürlicher Bau der Waben durch das Ausschwitzen des Wachses;
  • der Schwarm der der Vermehrung dient;
  • die natürliche Begattung der Königin in der Umgebung Ihres Bienenstockes durch die genetische Artenvielfalt der Drohnen der Umgebung.

 

Haltung

Im Rahmen der wesensgemäßen Bienenhaltung geht es auch um die ethische Haltung des Imkers. Achtsamkeit im Umgang miteinander, sich und dem Bien gegenüber.

Den Bien und jede einzelnen Bienen respektvoll behandelt, offen, aufmerksam sein gegenüber seinen Wesensäußerungen. Und so ist es bei uns auch möglich, die Bienen ohne Rauch zu öffnen.

Ruhe, Beobachtung des Bien Gemütes und Ihr innerer Einklang reichen aus.

Haben Sie mal den süßen Duft eines Bienenvolkes im Dezember erlebt?

 

Standort

Bienen fliegen im Flugradius um die 3 Kilometer. Klar, können wir unseren Bienen nicht vorschreiben wohin sie fliegen. Aber wir können den Standort so wählen, dass innerhalb des Flugradius die Belastungen aus der Umwelt für unsere Bienen nicht vorhanden oder so gering wie möglich sind. Auch Absprachen mit Bauern über die Uhrzeiten und die Techniken der Behandlung können die Belastungen reduzieren oder vermeiden.

 

Naturwabenbau

Für die Gesundheit des Bienenvolkes sind das Wachsschwitzen und der Wabenbauen wichtige hygienische Maßnahmen. Bei dem Bau von Waben verbraucht ein Volk mehr Honig. Bei unserer wesensgemäßer Bienenhaltung .nehmen wir das zum Wohle des Volkes gerne in Kauf.

Mögliche Anfangsstreifen im Honigraum werden nur im Rahmen unseres eigenen Wachskreislaufes genutzt. Hierzu wird nur das ganz reine Entdeckelungswachs einmalig verwendet.

Wahrung der Integrität des Brutnestes ist ein wesentlicher Ansatz. Das bedeutet, dass bei uns das Brutnest weder durch Entnahmen noch durch geteilten Brutraum auseinander gerissen wird.

Freiraum für die Königin

Im Rahmen der Demeter Leitlinien verwenden wir auch systemisch kein Absperrgitter (Gitter zwischen Brut- und Honigraum), so dass sich die Königin im ganzen Bienenhaus aufhalten und Ihre Pheromone überall verteilen kann und somit nicht von Ihren Töchtern im Honigraum getrennt ist. Das stärkt den Zusammenhalt im gesamten Organismus.

 

Schwarmtrieb
Die Schwarmzeit geht von Ende April bis zur Sommersonnenwende am 20. Juni
(Auszug aus der Behausung
meist zwischen 11:00 und 15:00 Uhr)

Die Erhaltung der Art und die Vermehrung sind auch für unsere Bienen wesentlich.

Die Königin verlässt mit einem Teil ihrer Arbeiterinnen den Bienenstock und lässt eine junge Königin mit der anderen Hälfte der Arbeiterinnen zurück. Die Brutunterbrechung sorgt dafür, dass bakterielle Erkrankungen wie Faulbrut und Sauerbrut reduziert werden. Die Belastung durch die Varroa-Milbe verringert sich dadurch ebenso. Das Leitbild bei uns ist der „nackte Schwarm“ d. h. Königin und Bienen haben keine Waben und können sich somit gemeinsam optimal zusammen finden.

Wir können nun den Schwarm einfangen oder wenn dies auf Grund der Lage nicht möglich ist, vorweg nehmen.

Ein bis 2 Kilo Bienen werden in einen neuen Kasten gegeben. Danach wird die Königin frei zu diesen Bienen hinzugesetzt und der Kasten verschlossen. Das heißt, nur Bienen und die Königin und ein Mundvorrat an Honig ist vorhanden, so dass der Bien sich natürlich entwickeln kann.

In der üblichen Imkerei wird der Schwarmtrieb durch verschiedene Maßnahmen verhindert wie z. B. das brechen der Weiselzellen. Manche Imker beschneiden der Königin die Flügel. Auch Königinnenableger werden gebildet, d. h. Brutwaben mit ansitzenden Bienen und der Königin werden dem schwarmstimmigen Volk entnommen und in einem neuen Kasten an anderem Ort aufgestellt. Dies entspricht nicht dem Bild des nackten Schwarms.

Bei uns darf die Königin mit Ihrem Volk schwärmen.

 

Königinzucht

Die alte Königin verlässt den Bienenstock. Nun muss die junge Königin begattet werden. Im Rahmen des Hochzeitsfluges erfolgt die Begattung durch regionale Drohnen der Umgebung. Die dadurch gewährleistete genetische Vielfalt durch die Mehrfachbegattung wirkt sich ebenso positiv auf das Volk aus. Resistenzen, größere Brutnester, vitalere Bienen sind die Ergebnisse.

 

Fütterung

Rohstoffe und Zutaten für die Ergänzungsfütterung müssen aus ökologischer Erzeugung stammen. Das ist Zucker aus ökologischem Demeter Anbau, Honig aus der eigenen Imkerei, und Kamillenblütentee und etwas Salz. So ist also der eigene Honig ein wesentlicher Bestandteil der Wintervorräte.

 

Verarbeitung und Abfüllung

Unser Honig darf nur indirekt und mit einem Wassergehalt von max 18% abgefüllt werden. Ebenso darf er nicht über 35 Grad erwärmt werden. i. d. R. wird er direkt nach dem Schleudern in Gläser abgefüllt. Reiner und natürlicher geht es nicht.

 

Artgerechte Bienenhaltung

Die artgerechte Bienenhaltung gibt der Biene noch etwas mehr ihres Ursprungs zurück und überlässt sie in einer Unabhängigkeit sich selbst. Fast alle oben erwähnten Leitlinien finden Anwendung.

Unterschiede gibt es lediglich darin, in wie weit er Imker eingreift.

Bei der artgerechten Bienenhaltung stellt der Imker den Bienenkasten nicht auf den Boden sondern hängt ihn z. B. in einen Baum.

Torben Schiffer versucht hier aus meiner Sicht entsprechende artgerechte Behausungen zu entwickeln. In der Artgerechten Bienenhaltung werden z. B. Baumstämme ausgehöhlt. Feuchtigkeit, Wärme und Platzangebot sind hier natürlich schon ganz anders, als in einem Bienenkasten.

Die Bienen sollen sich gemäß ihrer Art völlig losgelöst von den Menschen entwickeln und werden sich hier ganz alleine überlassen.

Fütterungen bei Engpässen und auch die Behandlung von Krankheiten und der Varroa Milben entfallen gänzlich.

In der Diskussion steht hier oftmals, ob alle Bienen langfristig ohne ein wenig Lenkung durch den Menschen überleben.

Die Umstellung gemäß DE-ÖKO-006 Deutsche Landwirtschaft ist erfolgreich abgeschlossen. 2019 sind wir noch Demeter in Umstellung, da es noch keinen Honig gab… 2020 erfolgt die volle Zertifizierung.

Hier gehts zur Demeter Seite https://www.demeter.de/users/21080